JakobJenny

2004 März 3. Aus der Südostschweiz:
Schwanden: Jakob Jenny †
Es ist manchmal sehr schön, wie ein Mensch aus einer kleinen Gemeinde einer grösseren Gemeinde helfen kann. So war es auch bei Jako Jenny von Sool. Als der Vater in der Grippeepidemie 1918 starb, war Jakob neun Jahre alt. Die Mutter musste die Familie mit Näharbeiten durchbringen. Glücklicherweise war ein Onkel da, der die Ausbildungskosten im Lehrerseminar in Schiers übernahm.
So kam dann Schaag als Lehrer nach Schwanden hinunter. Das war ein Glücksfall. Man stelle sich vor: Mehr als 40 Jahre sorgte er für die Erziehung, die Bildung und die Kultur der Schwander Schüler und zwar auf ausgezeichnete menschliche Art und mit viel Liebe. Das war und ist für Schwanden ein grosses Geschenk.
Nach vier Jahren heiratete Schaag die Zahnarzttochter Margrit Carboni, welche ihm die vier Kinder Madelaine, Jakob, Margrit und Mathis schenkte. Im Jahre 1958 verstarb seine liebe Frau an einer schweren Krankheit.
Später heiratete er die liebenswerte Anna Hoffmann, die aus erster Ehe die beiden Söhne This und Ruedi in die Familie brachte. Es waren also sechs Kinder im heimeligen Holzhaus – sie sorgten für viel Betrieb. Schaag war kein Stubenhocker, er war ein leidenschaftlicher Bergsteiger. Er schätzte die Berge keinesfalls nur als „Erhöhungen“, er liebte sie als Glanzpunkte der Schöpfung. Wie es Pfarrer Hoppensack in seines Abschiedspredigt so schön sagte, war er von ihrer Wucht, Kraft und Wildheit gläubig ergriffen. Dies hatte auch Einfluss auf seinen Unterricht. Er versuchte den Schülern die Wunder der Schöpfung näher zu bringen. Das Wunder der flinken Ameise mit ihren eleganten Bewegungen, das Wunder einer sich öffnenden Blüte oder die herrliche Vielfalt der Steine im Glarnerland sollten die Schüler zum Staunen und vielleicht auch zum „Sammeln“ anregen.
Schaag hatte grosses Interesse an der Jugendliteratur. Er als sehr viel und gründlich und diskutierte mit den Schülern über das Gelesene. Begeistert war er vom Pfarrerssohn in Netstal, Ludwig Hohl, der ergreifende Bergbücher geschrieben hat. Auf den Skiern machte ich zusammen mit Schaag viele Abhänge unsicher, wir schrieben kaligraphische Muster in den Schnee. Besonders beliebt war die Gegend der Hanslirunse, wo es sich Schaag nicht nehmen liess, ein Teelein zu kochen.
Ich war ein schlechter Kletterer, Schaag aber ein wunderbarer Bergführer. Ohne ihn hätte ich das Vrenelisgärtli und den Bös Fulen nie von oben gesehen. Konnte ich mich im Fels nicht mehr bewegen, so tönte es von oben:“Mach mit em linggä Bei ä Schrit sitwerts, dä chusch det ufemenä Absatz abstuh, ich heb Dich mit em Seil.“ Selber ist ihm der Seitwärtsschritt am Tschingelhorn einmal misslungen und er ist auf eine Felsplatte oberhalb des Segnespasses gestürzt. Mit Ächzen und Schmerzen kroch er noch zum etwas entfernter liegenden Geldbeutel und nahm ihn zu sich. Nicht etwa aus Geiz, sondern einfach der Ordnung halber, um ja nichts liegen zu lassen.
Nach der Pensionierung widmete sich Schaag seinem Garten, pflegte mustergültig sein Gemüse, trat zusammen mit seinem Bruder Peter in den Seniorenclub des SAC ein und diskutierte dort eifrig über heikle Klettereien, Gewitter und Blitzschläge und schwärmte von traumhaften Sonnenuntergängen. Schaag war auch ein guter Sänger und sang im Kirchenchor mit. Oft spazierte er zusammen mit seiner Frau ins heimatliche Sool oder in den Tschachen. Er sah dort das Linthwasser in die Ferne fliessen, fast bis an das Ende der Welt. Schaag hat nun auch sein Ende und seine Ruhe gefunden. Oder täuschen wir uns, ist er jetzt vielleicht schon wieder am Rucksackpachen ? Fritz Kamm.